Hier und jetzt möchte ich über Maserati in Marsdorf schreiben, nicht nur, weil es so auffällig alliteriert, sondern auch, weil es in Marsdorf jede Menge Maserati gibt. Dabei ist besagter Stadtteil tief im Kölner Westen ein bekennend uncharmanter Nicht-Ort mit hoher Gewerbegebietsdichte. Er eignet sich jedoch ganz hervorragend dafür, im Drive-Thru-Modus einen Corona-Test hinter sich zu bringen – bevorzugt im Jahr 2021, fieberkrank und bei Dauerregen – oder, viel vergnüglicher und gesünder, seine freie Zeit ganztägig in einem Autohaus zu verbringen.

Autohäuser – siehe auch #showroom, #vierräderhinterglas, #galeriefürasis – gibt es hier sehr viele, irgendwie ist das ganze Areal ein einziges Autohaus, bewohnt von Menschen, die Autos fahren, waschen, reparieren, reparieren lassen und kaufen, kaufen, kaufen am laufenden Band: ein rheinisches Rudi-Carrell-Gedächtnisrennen.

Nur Trabi zu fahren, war sicher auch keine Lösung, aber der Spätkapitalismus wird wohl an seinen Widersprüchen ersticken: Hyundai, Smart und Mercedes-Benz unter einem Autodach, wie bitte passt das denn zusammen? Ich persönlich würde das koreanische Modell nehmen, einen Rasenmäher ohne Knautschzone kann ich nicht gebrauchen und eine alternde Pseudo-Premium-Marke – verglühter Stern auf wenigen Straßen – genauso wenig. Aber mich fragt ja keiner. Es gibt in dieser Streetcorner-Society auch noch jede Menge Mini und Mazda und sehr viel Toyota. BMW darf natürlich nicht fehlen. Und es gibt zum Glück, Sie ahnen es, Maserati.

Ob die Brüder Maserati wohl jemals daran gedacht haben könnten, einen SUV zu bauen, als sie 1914 in Bologna ihre kleine Autowerkstatt gründeten? Das ist zwar nicht überliefert, doch mittlerweile gibt es sowas und heißt Levante: für misch persönlisch ist das ja uninteressant. Andere markentechnische Umwege hingegen keineswegs, kamen doch von Alfieri Maserati patentierte Zündkerzen in italienischen Doppeldeckern zum Einsatz. 1918 flog der Dichter Gabriele D’Annunzio beim Angriff auf Wien ein solches Kriegsgerät. Flugzeuge und Autos: die galanten Göttinnen der Geschwindigkeit.

Mein erster Maserati im Autoquartett war der Ghibli, Zweisitzer-Coupé mit Fließheck, eine betörende bella macchina, die 1966 auf dem Turiner Autosalon allem und jedem den Kopf verdrehte. Designer Giorgetto Giugiaro lieferte mit diesem schnörkellos-eleganten Sportwagen sein erstes Meisterstück ab. Auch in den Jahren danach wurde es in der Emilia-Romagna nie langweilig, korrespondierte die Kreativität der Namensgebung doch immer mit der an der Karosserie. Als erste Brise kam zwar der Mistral, aber gefühlt folgten alle dem heißen Wüstenwind Ghibli, einem genialischen Gegenentwurf zur deutschen Böe mit Dauerregen. Die bildschönen Modelle hießen Khamsin oder Merak, mein Favorit war die Bora, gebaut unter der Ägide von Citroën mit dem legendären Ein-Speichen-Lenkrad und der Hydraulik à la française.

So ganz nebenbei ist Maserati zudem noch die Mutter alles Sportlimousinen, die 1963 den Quattroporte auf die Welt brachte: vier Türen, unglaublich schnell und eine Ikone italienischer Formgebung. Der Quattroporte ist übrigens seit ein paar Jahren wieder neu zu haben: Er hat immer noch vier Türen, sieht immer noch gut aus, ist nach wie vor sehr schnell und steht – nur für die, die demnächst einmal vor Ort sein sollten – natürlich auch im Maserati-Autohaus in Marsdorf.

Manfred Luckas