Männer haben, wie mittlerweile über tausend valide, doppelverblindete, randomisierte Studien aus Wolfsburg, Ingolstadt, Stuttgart, Turin und Detroit zweifelsfrei nachgewiesen haben, Benzin im Blut. Benzin ist von innen heraus gut, was viele nicht wissen, sogar ein natürliches Anti-Karzinogen und viel besser als Diesel, der ja nur mit dem Vornamen Vin halbwegs zu ertragen ist. Genau deshalb ist die Lieblingstankstelle, die den hochkomplexen virilen Metabolismus in Schwung hält, für den Mann so überlebenswichtig.
Irgendwann ging ich von zu Hause weg, was sicher nicht die schlechteste Idee war, aber Vaters Vorliebe für Aral und die blaue Sehnsuchtsfarbe wird wohl immer durch meine Adern fließen. Und auch ich tanke, so wie er es immer getan hat, nibelungentreu und nimmermüde an der Tränke meiner Wahl: rechtsrheinisch, in Köln-Höhenberg. Tränke: Da sind wir also wieder einmal bei Pferdeanalogien und damit zwingend beim legendären Ford Mustang, dieser Mutter aller fahrbaren Vierhufer – und auch mittendrin in einer kleinen Geschichte zum Einrahmen, die ich nun in meinem Lieblingstempus, dem Fußballer-Präsens, vorlesen möchte:
„Also, da steh ich neulich an der Tanke meines Herzens und mach den Chevy voll – viel Durst braucht Super Plus, versteht sich und da schiebt sich doch, Zapfsäule gegenüber, so ein roter Mustang ins verschattete Blickfeld: American Beauty. In einer Nanosekunde den Jahrgang eruiert, 1966 – Route 66, ha, ha – und ich sags euch – einfach alles dran und completamente rot, Armaturen, Lack und Ledersitze. Der Fahrer, mittleres Alter, gut trainiert, steigt aus, sieht mich, ich seh ihn, Mann versteht sich und dann der epische Seufzer: „Bruder, die scheiß Bremsen, isch schwöre!“ Ich: „Was ist denn damit?“ Bo, isch hab total dicke Oberschenkel vom Bremsen, weißt du, wie Arnie, eh, voll keine Hydraulik.“
Der rüstige Rossebändiger, der sich mir als Serdan vorstellt, kommt aus dem Ruhrgebiet und überführt den roten Renegaten für einen reiferen Herrn. Typisch, denk ich mir und verdammt noch mal, wie überaus ungerecht: Im Porsche 911 sitzen ja, außer schnöseligen Unternehmensberatern mit Profilneurose, auch immer nur alte, weiße Geldsäcke aus Düsseldorf kurz vor dem Führerscheinentzug. Ich erfahre dann noch nebenbei, dass Serdan alle 120 Kilometer tanken muss, denn der hemmungslose Hengst säuft im Stadtverkehr satte 35 Liter auf hundert.
Zum Abschluss noch ein kleiner Exkurs aus dem Autohandschuhfachmagazin Markt: „Der größte Schwachpunkt der Mustangs ist die Trommelbremsanlage, sie reagiert allergisch auf Standzeiten. Zum einen neigen die Radbremszylinder dazu, undicht zu werden, zum anderen rosten die Einstellexzenter fest, wodurch die Selbstnachstellung passé ist. Die Achtzylinder-Modelle besitzen meist vordere Scheibenbremsen mit Bremszangen als Vierkolbensattel. Die beiden untersten Bremskolben haben eine hohe Neigung zum Festrosten, da aufgrund schlechter Dichtungsmanschetten sehr leicht Spritzwasser in die Bohrung eindringt.“
Kürzlich las ich, gerade leicht nostalgisch gestimmt, an einem Audi-Quattro-Heck den schönen Aufkleber: „Ich bremse auch für Angela!“ Da kann man dann nur sagen: gut gelaufen für die Ex-Kanzlerin, dass sie in Berlin nie mit einem Mustang in den Clinch gehen musste.
Manfred Luckas